Wicke

 


Goethes Metamorphose in der Einzahl ist anders. Das sich Ändernde bleibt sich gleich. Das in der Metamorphose sich entwickelnde Verschiedene bleibt stets verbunden und verknüpft, es entsteht keine Unterbrechung und keine ovidische Revolution. "War ich bisher bemüht, die innere Identität der verschiedenen, nach einander entwickelten Pflanzenteile, bei der größtmöglichen Abweichung der äußern Gestalt, so viel als möglich gewesen anschaulich zu machen", so beginnt Paragraph 67 des Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Das Verschiedene, das nacheinander Entwickelte, die größte Abweichung stellen eine Form von Metamorphose dar, in welcher der Zusammenhang erhalten bleibt. "Ich habe in den ersten Versuche zu zeigen mich bemühet daß die verschiedenen Teile der Pflanze, aus einem völlig ähnlichen Organ entspringen welches ob es gleich im Grunde immer das selbe bleibt durch eine Progreßion modifiziert, und verändert wird." (Abschnitt 8, Metamorphose der Pflanzen Zweiter Versuch)

Oder im Gedicht Die Metamorphose der Pflanzen: Die heilige Liebe / Strebt zu der höchsten Frucht gleicher Gesinnungen auf, / Gleicher Ansicht der Dinge, damit in harmonischem Anschaun / Sich verbinde das Paar, finde die höhere Welt.

Bewahrt die Verwandlung? Verläßt die Verwandlung?

Wenn die erste Zeile des Sonetts von Elisabeth Barrett-Browning: The face of all the world is changed, I think, von Rainer Maria Rilke übersetzt wird in: Mir scheint, das Angesicht der Welt verging – ist es eine ovidische Verwandlung, ein richtiger change, oder ist es eine Verwandlung und Kontinuität, wie sie Goethe beschreibt?